The Book of Unwritten Tales 2
Am 20. Februar veröffentlichen die Entwickler von KING Art Games und Publisher Nordic Games The Book of Unwritten Tales 2. Das Spiel befindet sich seit September 2014 im Early Access auf Steam. Wer dort bereits zugeschlagen hatte, konnte in den vergangen Monaten bereits die ersten vier Kapitel des neusten Werkes aus dem Bremer Entwicklerstudio zocken. Grund dafür, dass die Macher sich dieses Mal für den Early Access entscheiden haben war der, dass sie die Möglichkeit nutzen wollten das Feedback der Spieler zu sammeln. Ob das dazu geführt hat, dass der zweite Teil noch besser geworden ist als der schon sehr gute Vorgänger, erfahrt ihr hier.
Aventásien. Eine Welt unendlich vieler Klischees. Wir schreiben das Jahr 1 nach dem Krieg der Zwei Türme. Dies sind die Abenteuer des Luftschiffs Mary, das mit seinen vier eigentümlichen Passagieren keine fünf Minuten lang unterwegs war, um neue schräge Figuren zu treffen und irrwitzige Dialoge zu führen. Direkt vor euren Augen erlebt ihr in einem Point & Click Adventure, was Ivo, Nate, Wilbur und dem Vieh nach ihrem Sieg über die Schattenarmee widerfährt. Wobei die Handlung hier nicht direkt an das Ende des Vorgängers anknüpft.
Die Siegesfeiern sind vorbei und der Alltag steht bei allen wieder vor der Tür. Das Intro des Spieles gibt nochmal einen sehr groben Überblick über die Ereignisse des ersten Teils der Serie, während es den Neulingen auch gleich Nate Bonnett in seinem Element vorstellt. Wobei ihm diesmal sein treues Luftschiff unter den Füßen fehlt und er ungebremst Richtung Erde unterwegs ist. Zweifellos das Ergebnis eines seiner fehlgeschlagenen Pläne. Wir erfahren erstmal nicht viel mehr, als das eine Wunderlampe mit einem offenbar ebenso unsichereren wie unfähigen Dschinn, bei den vorangegangen Ereignissen offenbar eine große Rolle gespielt hat. Eine weitere Konstante ist hier das Vieh, das immer noch als haariger Schatten nicht von Nates Seite weicht.
Elfenprinzessin Ivo befindet sich dagegen als letzte des Heldenquartetts noch im Elfenhain, was auch begründet in dem Hausarrest liegt, unter den ihre Mutter sie gestellt hat. Die Königin möchte ihre Tochter standesgemäß verheiraten, und somit auch erreichen, dass sie nicht wieder in die gefährliche Welt außerhalb des Hains geht. Ivo sieht jedoch in ihrem Heim kaum mehr als einen Golden Käfig, und ist auch von den Hochzeitsplänen nicht sehr angetan. Sie hat noch nicht überwunden, dass Nate, zu dem sie sich trotz anfänglicher Schwierigkeiten hingezogen fühlte, eines Nachts plötzlich und ohne ein erklärendes Wort verschwunden war. Um Ivos Stimmung steht es also nicht zum Besten, hinzu kommt auch noch ein körperliches Unwohlsein, was bei Elfen eigentlich extrem selten ist, da diese nicht krank werden können. Den Grund gilt es zu erkunden, und dabei natürlich zu allererst den Hausarrest bzw. mütterlichen Aufpasser in Gestalt von Tschip-Tschip auszutricksen. Neben der Ursache ihrer Erkrankung erfährt Ivo auch noch, dass in Seefels offenbar etwas ausgebrochen ist, das alles, was es berührt, verwandelt. Und diesmal droht nicht das Nichts, die Welt zu verschlingen. Diesmal ist es schlimmer: es ist PINK. Und der Gnomen-Diplom-Magier Wilbur Wetterquarz, der Vierte im Bunde der Helden des ersten Teils, wird wegen Mordes am Erzmagier Alastair gesucht. Jetzt hält Ivo nichts mehr im Elfenhain und damit fängt für den Spieler der zweite Besuch in Aventásien an.
Und diese Reise wird nie langweilig. Die gelungene Mischung aus Popkulturreferenzen, Situationskomik, und dem unterschiedlichen Humor der Charaktere funktioniert sehr gut und macht The Book of Unwritten Tales 2 zu dem vielleicht unterhaltsamsten Adventure der letzten Jahre. Man verlässt sich nicht nur auf das ständige Zitieren irgendwelcher Filme, Bücher oder Serien, der sehr große Teil der Dialoge funktioniert auch so. Wenn das beinahe-allwissende Orakel Ivo mit seiner neunmalklugen Art etwas auf die Nerven fällt, ist das auch ohne das man bemerkt, dass diese mit der Stimme des deutschen Synchronsprechers von Sheldon Cooper (Gerrit Schmidt-Foß) aus The Big Bang Theory spricht, unterhaltsam. Oder Ivo eine Vuvuzela-Pflanze mitnimmt, und bemerkt, dass diese aufgrund ihrer Lautstärke in diversen Ländern als Waffe verboten ist, dann muss man nicht zwingend Fußball-Fan sein, um den Gag zu verstehen. Ein wenig nerdig zu sein ist zwar von Vorteil, aber keine zwingend erforderliche Voraussetzung, um auch nur die Hälfte der Anspielungen und Gags zu verstehen. Während der langen Reise durch Aventásien treffen wir auch auf einige bereits bekannte Charaktere aus dem Vorgänger. Doch weil sich hier jeweils andere Paarungen zuerst über den Weg laufen, haben auch Spieler ohne Kenntnis des ersten Teils nicht ständig das Gefühl etwas zu verpassen. So trifft diesmal Nate auf eine gewisse Mumie, man lernt die schräge Eigenheit dieser als Nate neu kennen, und hat somit später durchaus Verständnis dafür, dass sich Ivo standhaft weigert mit ihr zu sprechen. Doch natürlich bevölkern auch bisher noch unbekannte Charaktere die Welt. Zwar sind nicht alle gut gelungen, aber der Hausmeister-Troll hat hier doch eine extra Erwähnung verdient. Die Gespräche zwischen ihm und Wilbur sind mit das Unterhaltsamste, was es im Spiel zu hören gibt.
Bei unserem Heldenquartett hat diesmal Wilbur wohl den längsten Auftritt gefolgt von Ivo und Nate. Das Vieh kommt kaum alleine zum Einsatz. Bedauerlich ist das aber nicht, fällt es doch schwerer Dialogen oder Kommentare zu Objekten unterhaltsam zu gestalten, wenn das Vieh alles nur mit unverständlichem Lauten kommentiert. So gut die Geschichte mit ihren absurden Charakteren und Dialogen zu unterhalten weiß, leider hält sie das hohe Niveau nicht ganz bis zum Ende durch. Die sonst so gelungene Mischung kann im letzten der fünf Kapitel stellenweise nicht mehr so glänzen wie gewohnt und wirkt stellenweise uninspiriert. Die Charaktere, die man im letzten Kapitel trifft, sind teilweise nicht so gut gelungen, oder es ergibt sich aus der Kombination mit Wilbur zu weniges das wirklich zündet. Aber kommen wir zum Ende, denn über dieses muss man ein paar Worte verlieren (Bitte den Absatz überspringen, wer die Meinung nicht lesen möchte). Zuerst einmal ist es kein Ende wie man es erwarten würde. Es liefert kaum Antworten auf die offenen Fragen, wie nach dem Schicksal einiger Charaktere. Nein, es wartet mit einer End-Credit Szene auf, die noch mehr zusätzliche Fragezeichen auslöst und mich mit dem Gefühl zurücklässt, man habe mir hier nur ein Kapitel eines Buches geliefert, nicht ein ganzes Buch, eine ganze Geschichte.
Kommen wir nun zu den Rätseln, das Herz eines Point & Click Adventures. Die Kommentare des gesteuerten Charakters zu gewissen Items, die Dialoge und die, vor allem anfangs, überschaubare Anzahl an Orten und Gegenständen sorgen dafür, dass der Schwierigkeitsgrad der Rätsel nur selten über leicht steigt. Auch wenn die Rätsel ab der Mitte des Spiels komplexer werden, sind sie selten richtig kompliziert. Bei größeren Rätseln kann es sein, dass man schon etwas tun kann, um etwas zu erreichen, von dem man noch nicht mal weiß, ob oder wofür man es braucht. Das ist nicht optimal gelöst, jedoch aufgrund des maximal moderaten Schwierigkeitsgrads hängt man kaum mal wirklich lange fest. Freunde von Kopfnüssen werden hier nur sehr selten wirklich gefordert.
Größere technische Mängel konnten wir nicht feststellen. Es fehlte eine knappe Hand voll Sätze des Sprechers von Wilbur. Teilweise waren sie so leise aufgenommen, dass man sie nicht verstand. Das ist allerdings wohl hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass wir eine frühe Presse-Version für dieses Review zur Verfügung hatten. Die Sprecher der Charaktere haben insgesamt einen sehr guten Job gemacht und tragen so maßgeblich zum Spielspaß bei. Besonders gut ist es, dass KING Art Games erneut die Sprecher aus dem Vorgänger für sich gewinnen konnte. Mit dabei sind Oliver Rohrbeck (Ben Stiller, Justus Jonas) Marion von Stengel (Angelina Jolie, Lara Croft, Pamela Anderson), Dietmar Wunder (Daniel Craig, Adam Sandler) und weitere hochkarätige Sprecher. Der orchestrale Soundtrack kann ebenfalls überzeugen und wartet mit neuen sowie alten Stücken auf.
Auch optisch macht The Book of Unwritten Tales 2 einen wunderbaren Eindruck. Die Hintergründe sind knackig, scharf und sehen so aus, als ob sie direkt aus einem Gemälde stammen. Bei den interaktiven Objekten gibt es aber einen kleinen Makel. Die Kantenglättung arbeitet anscheinend nicht so, wie sie eigentlich soll. Trotz „Ultra“-Einstellungen in der Grafik, sieht man auf größeren Bildschirmen eine deutliche Treppenbildung. Dies betrifft besonders die Charaktere – doch dies ist Meckern auf hohem Niveau.
Fazit:
Mit ca. 25 Stunden Spielzeit bietet The Book of Unwritten Tales 2 einen mehr als ordentlichen Umfang für ein Adventure und ist dabei Qualitativ über weite Strecken hervorragend. Selbst wenn es in den letzten Stunden etwas schwächelt, ist das Spiel weitaus besser als manch anderes Adventure. Für mich gehört The Book of Unwritten Tales 2 zu den schönsten und witzigsten Adventures, die es derzeit gibt. So hat eine Fortsetzung auszusehen.
Titel: The Book of Unwritten Tales 2
Genre: Point-and-Click Adventure
Entwickler: KING Art Games
Publisher: Nordic Games GmbH
Empfehlung: USK 12
Plattform: PC
Release: 20. Februar 2015